Konditorin in Rente


Recoverygeschichte zum 02.12.2019 von Gaby Belej


Meine kleine Recoverygeschichte zu Weihnachten 2019

Es hat sich so zugetragen, dass ich vor vielen Jahren eine schwere psychische Erkrankung bekam. Ich war 26, mitten im Berufsleben, arbeitete als Konditormeisterin auf dem Land. Danach war nichts mehr wie es war, mein Leben hatte sich vollkommen auf den Kopf gestellt.

Viele Jahre war ich damit beschäftigt irgendwie den Alltag zu meistern, es waren andere Zeiten, ich traute mir auch nichts mehr zu, was auch heute noch sehr ausgeprägt ist, wenn ich mich in der Wirtschafts- Welt bewege. Mein einziger Rückhalt ist und war meine Frau, mit der ich jetzt schon 18 Jahre zusammenlebe. Wir meisterten Höhen und Tiefen und sind auch in einer stätigen Entwicklung.

Bis 2006 arbeitete ich noch auf dem ersten Arbeitsmarkt, was mit meiner Erkrankung nicht einfach war und ich kam leider immer wieder in die Klinik und an meine Grenzen. Dann wurde ich berentet. Mehrere Jahre in einer Werkstatt für Behinderte Menschen, im Garten und Landschaftsbau folgten und dort lernte ich eine druckfreie, respektvolle und gemeinschaftliche Arbeitsweise kennen, die ich mir bis heute noch oft wünsche und die mich auch insgeheim sehr prägten.

Danach, ich versuchte auf Minijobbasis zu arbeiten, doch auch dort kam ich schnell an einen Punkt wo nichts mehr ging, da ich die Stunden, die von mir verlangt wurden, nicht schaffte. Auch mein Auftreten war und ist noch oft nicht selbstbewusst, ich tue mich immer noch oft schwer meine Belange zu vertreten oder meine ehrliche Meinung zu äußern.

Dann war erstmal nichts… Ich fühlte mich gar nichts mehr wert, doch da ich ein Mensch bin, die durch eine sinnvolle Tätigkeit, oftmals aus Krisen kam, fing ich an, meine Homepage aufzubauen und auch meinen erlernten Beruf, wieder zu trainieren. Anfangs war das eine holprige Sache. Computerkenntnisse waren Katastrophe, meine Fertigkeiten sehr altertümlich und einfach. Doch ich bekam Spaß an der Sache. Über Facebook fing ich an, mit anderen zu kommunizieren. Ich schaute mir andere Seiten an, wir tauschten uns aus, einige hatten sich dann auch dadurch selbständig gemacht.

Wenn ich meine ersten Bilder anschaue, muss ich oft lächeln, doch es gab mir immer viel, ja ich gebe auch zu, freue ich mich sehr über jedes Däumchen, obwohl ich auch Zeiten hatte, wo ich dachte… Du musst jetzt abliefern… ich hatte mich sehr unter Druck gesetzt. Jedenfalls durchlief sie und natürlich auch ich eine Entwicklung durch, mal positiv, mal auch weniger. Der Nachteil war, dass ich mich immer mehr zurückzog und in meiner kleinen Back Welt lebte.

Die Homepage ist ein Teil Tagebuch meines Alltages in den letzten Jahren geworden, was, so glaube ich, nur ich interpretieren kann. Und sie bedeutet oft keinen Stillstand . Zurzeit ist sie für mich auch wieder eine große Stütze und hoffe, meine stürmischen Gedankengänge damit zu überwinden. Wie so oft.

Nun habe ich in den letzten Monaten, durch eine Fortbildung die Erkenntnis erlangt, dass meine Internetpräsenz ein großer Teil meines Recoveryweges ist. Ein sehr großer Teil sogar, darüber bin ich sehr glücklich. Auch weiß ich, dass ich trotzdem an mir arbeiten muss, das Haus zu verlassen, ich darf mich nicht zu Hause einigeln, was mir leider immer noch am sichersten ist. Aber ich mache Fortschritte, mittlerweile gehe ich zu Selbsthilfegruppen, was mir enorm viel bringt und ich mag die Menschen auch sehr gerne. Obwohl meine Symptomatik in Krisenmomenten oft von Misstrauen und Angst geprägt sind. Aber ich bin dabei sie zu überwinden. Da bin ich mir sicher.

Das Medium Schreiben ist dabei auch ein großer Baustein. Im Konditoren-Dasein, aber auch so, im normalen Leben. Oftmals schreibe ich meine Gedanken und Gefühle auf, ordne damit mein Erleben und teile mich auch mit. Ich lerne mich dabei besser kennen.

Ob ich meine Problematik komplett überwinden kann, ich weiß es nicht, aber ich bin sicher, einen besseren Umgang mit mir und meiner Umwelt zu finden und meinen eigenen Weg zu gehen. Mal mit Unterstützung, mal ohne. Ich denke wir müssen an uns glauben und unsere Stärken finden, denn ich bin überzeugt, dass jeder Stärken besitzt. Fähigkeiten, die vielleicht Jahre vergraben waren. Kreativität in jeglicher Art ist ein enormer Kraftspender und eine wichtige Ausdrucksform. Ob Musik, Schreiben, Malen, Basteln, Gärtnern, Kochen, egal was, es ist für mich ein lebensnotwendiger Baustein.

Ich wünsche Euch eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit,
Ganz liebe Grüße Gaby

Wenn Ihr mögt, stöbert doch mal durch meine Rezepte oder schaut Euch
meinen Blog an. Vielleicht findet Ihr das ein oder andere:


www.konditorin-in-rente.de


Instagram/Facebook: Konditorin in Rente

3 Kommentare

  • Sabine Schemmann

    Ein weiter Weg. Vielen Dank Gaby für Deine Offenheit und weiterhin Erfolg.

  • Ina

    Bin sehr stolz auf den Mut, den du in letzter Zeit vorzeigst, liebe Gabi. Wünsche dir noch viel Kraft und Durchsetzung auf deinem Weg.